OSTERNACHT 2016
Stellen Sie sich vor: Ein Nachbar kommt mit Ihnen ins Gespräch und fragt Sie: »Und wie denken Sie so über den Tod? Was glauben Sie, wie Sie einmal sterben werden? Lungenkrebs oder doch eher Schlaganfall?«. Vielleicht wären Sie schockiert und empört? Eine solche Frage stellt man doch nicht! Das wirkt einfach völlig indiskret und verstörend.
Über so etwas spricht man nicht! Jedenfalls nicht öffentlich, nicht so direkt und jedenfalls nicht jetzt. Über sein Ende redet man nicht und denkt eher selten darüber nach. Ist das aber nicht Vogelstraußpolitik? Wir leben, sind in einen Zug eingestiegen und fahren. Aber für den, der in einen Zug eingestiegen ist, ist die Frage, wohin er eigentlich fährt, doch keine Nebensächlichkeit. Oft ist man so damit beschäftigt, die Fahrt zu genießen, dass es einem noch gar nicht in den Sinn gekommen ist, über eine angebliche »Endstation« nachzudenken, zu der der Zug unterwegs sei. Vielleicht fahren wir in einen Abgrund?
Ostern feiern hat mit diesen Überlegungen etwas zu tun. Fährt unser Lebenszug ins Nichts? Ist unser Tod das absolute Ende? Oder glaube ich vielleicht an eine Art Wiedergeburt und dass ich in dieses Leben zurückkehren werde, in einen neuen Zug steige bis zur nächsten Endstation, um dann wieder von vorne zu beginnen? Ist das meine Lebensperspektive, meine Zukunft?
Oder glaube ich an meine persönliche Auferstehung? Rechne ich damit? Für viele Christen ist das kein Thema, weil sie sich darunter „nichts vorstellen können“. Andererseits hat schon der Apostel Paulus gesagt: „Wenn Jesus nicht auferstanden ist, dann ist unser ganzer Glaube leer und sinnlos“. Tatsächlich, dann ist unser jetziges Leben - das oft so „armselig“ zu sein scheint -, das einzige, das wir haben. Kostet es also aus, denn sonst bleibt nichts! Wenn Jesus nicht auferstanden ist - oder besser gesagt: Wenn Gott ihn nicht auferweckt hat, wenn Gott ihm keine neue Existenz gegeben hat - dann hat der Tod das letzte Wort.
Natürlich ist „Auferstehung“ ein Bild für eine Wirklichkeit, die wir nicht mit unseren Sinnen erfassen können, die wir uns nicht „vorstellen“ können. Sie übersteigt unser Vorstellungsvermögen. Aber im Leben gibt es vieles, das wir uns nicht „vorstellen“ können und was trotzdem Wirklichkeit ist. Das Bild der Auferstehung will uns sagen: Mit dem Tod ist nicht alles aus. Wir hören nicht einfach auf zu existieren. Wir lösen uns nicht in Nichts auf. Wir werden auf einer neuen Weise neu leben.
Warum glauben wir das? Warum ist es nicht „unvernünftig“, das zu glauben? Weil ich an einen Gott glaube, von dem Jesus gesagt hat, dass dieser Gott uns mag und will, dass wir leben. Dieser Gott hat das dann auch bestätigt, indem er Jesus vom Tod „auferweckt“ hat, seine Macht über Leben und Tod gezeigt hat. Das heißt nicht, dass Jesus in das vorherige, „irdische“ Leben zurückgekehrt ist. Er hat eine total neue, andersartige, vollkommene, Existenz bekommen, in der es keine Not, kein Leiden und keinen Tod mehr gibt. So ist Gott: ein Gott des Lebens. Er will unser Leben. Und was mit Jesus geschehen ist, hat Gott auch mit uns vor. Wie das dann sein wird, kann ich mir nicht vorstellen. Aber das ist auch nicht so wichtig. Ich vertraue so auf diesen Gott, dass ich damit rechne, dass es für mich gut sein wird. Ich gebe mich ganz in seine Hände. Ich werde nicht in das jetzige, irdische Leben zurückkehren. Ich werde - als diese Person, die ich jetzt bin - in einer „verwandelten Weise“ - existieren und die tiefste Lebenserfüllung erreichen.
Ist das nicht eine hoffnungsvolle Lebensperspektive, die mich mein jetziges Leben mit andern Augen, zuversichtlich, sehen lässt? Das ist die Konsequenz, wenn ich an den Gott glaube, von dem Jesus uns erzählt und den er uns „beschrieben“ hat. Das ist mein Osterglaube, den ich jetzt ausspreche und feiere, in dieser Nacht, und immer wieder neu. Ich glaube an die Auferstehung der Toten und an das ewige Leben.